Weichenantrieb mit Memorydraht

Langsames Weichenstellen ohne Geräusch

Grundlage, der von mir realisierten Antriebe, ist der Artikel "Weichenantrieb mit Memory" aus der MIBA-Spezial 25 von Jaques le Plat. Grundsätzlich habe ich mich sehr nahe an dieser Lösung orientiert, nachdem eigene Versuche nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt hatten und ich nicht mehr Zeit in Versuche investieren wollte. Ich hatte zunächst mit einem Winkelhebel experimentiert, jedoch war für diese Lösung zu viel Platz erforderlich. Dabei ist zu erwähnen, daß ich wie in dem genannten Artikel Pilz Elite (heute Tillig Elite) Gleismaterial verwende. Das bedeutet insbesondere, daß die Weichen Federzungen haben und deshalb ein Festhalten in der Endlage erforderlich ist. Gleichzeitig ist eine relativ große Stellkraft zum Verbiegen der Federzungen notwendig.
Mein Hauptanliegen beim Einsatz von Memorydrähten zum Weichenantrieb war zunächst der vorbildlich langsame und gleichzeitig nahezu geräuschlose Stellvorgang und weniger wichtig die geringen Kosten für den Antrieb. Hier mag man einwenden, daß der Stellvorgang beim Vorbild auch nicht geräuschlos ist. Man muß dabei jedoch berücksichtigen, daß die Antriebe beim Vorbild nicht auf einem großen Resonanzkörper montiert sind. Gleichzeitig ist die Betrachtungsentfernung im Modell so groß, daß bei entsprechendem Betrachtungs- abstand beim Vorbild kein Geräusch mehr zu hören wäre.
Bogenweichen und Doppelkreuzungsweichen können mit meinem Antrieb nicht betrieben werden, weil bei diesen Weichentypen die Stellkraft für einen Memorydraht zu groß ist. Man müßte einen stärkeren Antrieb mit mehreren parallel geschalteten Memorydrähten entwickeln, was ich mir allerdings gespart habe. Bei diesen Weichentypen verwende ich motorische Antriebe von Tillig. Zukünftig werde ich aber nur noch Antriebe von Fulgurex verwenden, weil diese bei gleichen Kosten (ca. 12,50 Euro im Internet) einfacher zu handhaben sind.

Aufbau der Antriebe Wichtig bei zehn Antrieben ist es, daß man die Antriebe separat auf dem Basteltisch herstellen kann und dabei noch nicht direkt an der Anlage arbeiten muß. So wurden alle Antriebe jeweils auf einer Lochrasterplatine mit der Größe 30 mm x 160 mm aufgebaut. Verwendet habe ich billige Hartpapierplatinen von Conrad, die pro Stück ca. 1 Euro kosten.
Diese Platinen wurden der Länge nach in drei Stücke zersägt. Dort, wo der Stellhebel eingefügt wird, muß ein Schlitz in den Träger gesägt werden. Verwendet wurde ein 140 mm langer Memorydraht. Das ist ein Kompromiß aus Preis, Stellkraft und Stellweg. Die verwendeten Drähte von Wiederhold Modellbau erzeugen ca. 1,5 N Stellkraft bei 0,12 mm Durchmesser und 200-250 mA. Man kann auch höhere Kräfte damit erzeugen, jedoch leidet darunter die Lebensdauer. Andererseits ist bei dieser Kraft ein relativ langer Stellweg erforderlich, weil dabei berücksichtigt werden muß, daß der Stellhebel durch die 10 mm starke Sperrholzplatte und die 6 mm Korkauflage geführt werden muß. Je dicker der Gesamtaufbau ist, um so größer wird der erforderliche Stellweg durch die bei größerer Länge steigende Torsion des Stellhebels. Der Stellhebel wurde wie im MIBA-Artikel in einem Messingrohr durch die Platte geführt.
Mein Antrieb unterscheidet sich in zwei wesentlichen Punkten von der MIBA-Lösung. Das sind die Stromver- sorgung und die Herzstückpolarisierung. Ich habe mich nicht auf irgendwelche Widerstandswerte und daraus berechneten Spannungen verlassen sondern eine richtige Stromquelle verwendet, die direkt mit auf der Platine sitzt.
Die Herzstückpolarisierung hatte ich zunächst mit Schnappschaltern realisierte. Dadurch kam es aber immer wieder zu Schwierigkeiten, weil die notwendige Kraft für den Schalter schon einen erheblichen Teil der Kraftreserve verbraucht.
Die Lösung war schließlich eine externe Lichtschranke, die ohne Kraft auskommt. Da zu diesem Zeitpunkt die Platinen schon aufgebaut waren, entstand die Lösung mit der zweiten kleinen Platine. Die Schaltung besteht aus der Lichtschranke, einem Relais und der passenden Ansteuerung für das Relais. Nachteil dieser Lösung ist, daß ich nur 12 V-Relais billig als Restposten bekam, so daß insgesamt zwei Versorgungs- spannungen erforderlich sind.
Die Platinen wurden an der Unterseite der Anlage ausgerichtet und mit Heißkleber befestigt.
Für diese Arbeit werden zwei Personen gebraucht. Eine Person richtet die Platine aus und klebt sie fest, während die andere Person gleichzeitig überprüft, ob beide Endstellungen der Weiche erreicht werden.
Abgeschlossen wird der Einbau der Antriebe durch die Verkabelung. Pro Antrieb sind vier Leitungen erforderlich: 5 V, 12 V, GND und die Steuerleitung, die bei mir auch mit 5 V betrieben wird.
In der Summe entstanden ca. 5 Euro an Materialkosten pro Antrieb. Gut 2 Euro müssen davon für den Memorydraht aufgewendet werden.

Was ist bei diesen Antrieben zu beachten?
Wichtig ist es, die Antriebe zugfrei einzubauen, denn bläst man den geheizten Draht an, so verlängert er sich sofort, weil seine Wärmekapazität viel zu klein ist. Außerdem muß man die Antriebe sehr vorsichtig einbauen, denn es steht nur wenig überschüssige Kraft zur Verfügung. Das muß besonders beim Einschottern beachtet werden. Für das Einschottern einer Elite-Weiche mit Memoryantrieb brauche ich ca. 40 min Zeit. Wichtig ist natürlich nur der Zungenbereich. Bis zu der Stelle, an der die Zungen wieder durch die Kleineisen geführt werden, fülle ich deshalb den Zwischenraum zwischen den Schwellen nicht bis zur Schwellenoberkante mit Schotter auf. Es darf auf gar keinen Fall Schotter über die Gleitstühle hinausragen. Zusätzlich wird der Schotter vor dem Beträufeln mit einem Weißleim-Wasser-Gemisch NICHT angefeuchtet. Bespritzt man den Schotter vorher mit der Sprühflasche, so werden auch die Schwellen naß und es besteht die Gefahr, daß der Weißleim unter die Zungenschienen kriecht. Da die Weiche aber anschließend fest eingeschottert ist, hat man erhebliche Probleme, die Zungenschienen wieder leichtgängig zu machen. Vergleichsweise geringes Klemmen kann schon zu viel für den Memory-Antrieb sein.
Das mit Spülmittel versetzte Weißleim-Wasser-Gemisch wird mit einer Pipette tropfenweise in den trockenen Schotter gegeben. Man muß dabei sehr darauf achten, daß keine Schiene mit dem Klebstoff in Kontakt kommt. Mit diesem Verfahren konnte ich alle zehn Weichen, die bei mir mit diesen Antrieben ausgestattet sind, erfolgreich einschottern. Ich hoffe, daß sie noch lange funktionieren werden.

Letzte Änderung: 05.06.02. © Jörg Butterfaß
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