Ein polizeibekanntes Iglu

Sind Iglus "Schwarzbauten"?

Warum interessiert sich die Polizei für Iglus? Sie interessiert sich wohl eher für die Leute, die Iglus bauen, doch davon später.
Der letzte Iglutrip in diesem Jahr sollte das bisher größte Iglu hervorbringen. Wir hatten auf Grund des Wetterberichtes die Tour von Freitag, den 07.04.00 auf Samstag, den 08.04.00 geplant. Im nachhinein stellte sich heraus, daß das Wetter auch am Sonntag noch sehr gut gewesen wäre. Allerdings stieg am Sonntag die Temperatur tagsüber schon über 0°, und in der Nacht war kaum mehr Frost zu erwarten. Das ist eigentlich nicht das Wetter bei dem man im Iglu übernachtet. Unter solchen Bedingungen kann man auch das Zelt nehmen.
Wir bauten das Iglu direkt neben dem Gipfelkreuz auf der Ziegelspitz. Die Ziegelspitz ist ein Gipfel auf dem Kamm von Ettal zur Notkarspitze. Parkt man an der höchsten Stelle der Straße von Ettal nach Oberbau, so führt die Forststraße zunächst nach Südosten, bis der Weg eine scharfe Biegung nach Südwesten macht. Hier zweigt man auf den Grat ab und steigt immer dem Grat enlang über den Ochsensitz bis zur Ziegelspitz auf. Wir brauchten heuer zu Fuß mit unseren relativ schweren Rucksäcken knapp drei Stunden bis zum Gipfelkreuz in 1715 m Höhe. Nachdem wir schon um kurz nach acht am Auto aufgebrochen waren, hatten wir nun ausreichend Zeit für ein großes Iglu.
Eine Woche vorher war ich schon hier gewesen, um die Lage zu peilen. Dabei hatte ich ein recht kleines Iglu zur Probe gebaut. Durch die starke Sonneneinestrahlung und die zwischenzeitlich recht milden Temperaturen waren allerdings nur noch ein paar Reste vom Testiglu übriggeblieben.

Direkt neben dem Gipfelkreuz wird das Iglu gebaut. Da die Wächte hier schon schräg ist, wird der Boden im Iglu erst später eben ausgegraben. Die Schräge kann man gleich nutzen, um die Blockreihe, aus der das Iglu bestehen wird, spiralförmig anzulegen. Da wir viel Zeit hatten, wollten wir ein Iglu bauen, das keine Wünsche an die Größe offenläßt. Wir wählten einen Innendurchmesser von 2,8 m. So groß hatte ich bisher noch kein Iglu gebaut. Es war ein Wagnis, das sich lohnen sollte. Diese Größe ist ausreichend, um bequem zu dritt darin zu übernachten. Weil wir wieder nur zu zweit waren, hatten wir mehr als ausreichend Platz.
Jeder Block wird, ehe er eingefügt wird, einzeln zugeschnitten, damit er gut paßt. An diesem Bild sieht man sehr gut den Aufbau des Iglus. Jeder Block stützt sich an seinen beiden Nachbarblöcken ab. Rechts unten im Bild erkennt man den letzten Block der Spirale, der hier durch einen Teleskopwanderstock - auf dem Bild nicht sichtbar - gegen den Absturz gesichert ist. Da der Schnee durch den Frost nicht klebt, halten die Blöcke nicht ohne weiteres aneinander. Erst nach einiger Zeit haben sie sich so miteinander verbunden daß man auch den lezten Block loslassen könnte. So viel Zeit hat man man aber nicht, so daß beim Bau ab einer bestimmten Neigung nach innen der letzte Block immer abgestützt werden muß.
Bedingt durch die Größe mußten wir bei diesem Iglu schließlich zu zweit innen arbeiten, weil man von außen nicht mehr vernünfig an den letzten Block kommt. Deshalb mußte bei diesem Iglu der Eingang schon gegraben werden, als die Kuppel noch nicht geschlossen war. Man muß von Zeit zu Zeit nach draußen um neue Blöcke hineinzureichen (werfen).
Der Eingang wurde an der Talseite angelegt, so daß man fast eben hineingehen kann und nur innen drei große Stufen nach oben steigen muß. Der Igluboden lag vom Eingang aus gesehen in Brusthöhe. So war sichergestellt, daß die kalte Luft nach außen absinken kann.
Am Morgen war das Iglu hartgefroren, und uns begrüßte eine wunderbare Morgensonne. Wir hatten keinen Termindruck und konnten uns so viel Zeit mit dem Frühstück und dem Einpacken lassen. In der Sonne wurde es schnell sehr warm. Dieser Tag sollte bald auch Lufttemperaturen leicht über dem Nullpunkt in dieser Höhe bringen. Die Tiefsttemperatur in der Nacht war mit -5° schon moderat. Eigentlich ist es schöner, wenn es beim Übernachten im Iglu kälter ist, weil dann die Vorteile eines Iglus erst richtig zum Tragen kommen.
Bevor ich ein Iglu endgültig auf dem Berg alleinlasse, wird dessen Stabilität getestet. Entgegen einem weitverbreiteten Vorurteil bricht ein Iglu nicht ein, solange es von der Sonne oder zu hohen Temperaturen noch nicht zu sehr geschwächt ist. Ein Iglu mit dieser Wandstärke hält auch mehreren Personen auf seiner Kuppel stand. Ist man nur zu zweit, so läßt sich allerdings nur sehr schwer ein Foto mit beiden Erbauern auf dem Iglu machen, weil man nicht schnell genug für den Selbstauslöser auf das Iglu geklettert kommt. Je nach der Qualtät des Schnees kann es jedoch Probleme mit dem Beklettern geben. Ich habe schon Iglus mit so weichem Schnee gebaut, daß man nicht auf dem Iglu stehen konnte, weil sonst die Füße durch die Blöcke durchgebrochen wären. Auf einem Iglu aus so weichem Schnee kann man nur sitzen, wenn man es nicht beschädigen will.
Das dicke Ende kam erst zum Schluß. Wir waren gegen elf wieder am Auto, packten alles ein und machten uns auf den Heimweg. Zu Hause angekommen wurde ich gleich von der Familie, die unter mir wohnt, ganz aufgeregt begrüßt. Etwa eine Stunde vorher war die Polizei dagewesen und hatte nach mir gesucht. Da machte ich schon große Augen. Was will die Polizei ausgerechnet von mir? "Schwarzbauten" sind verboten, jedoch ist ein Iglu doch ganz klar kein "Schwarzbau" sondern ein "Weißbau".
Es stellte sich heraus, daß die Polizei aus Oberammergau mein Auto über Nacht verlassen am Straßenrand vorgefunden hatte und jetzt die Polizei Germering damit betraut hatte herauszufinden, warum mein Auto dort verlassen herumsteht. Es war ja nicht das erstemal, daß ich mein Auto über Nacht irgendwo in den Bergen stehen hatte, jedoch hat sich erstmals die Polizei Gedanken darüber gemacht. Auf alle Fälle werde ich, wenn ich mal wieder dort übernachten sollte, der Bitte der Polizei Oberammergau nachkommen und sie vorher kurz telefonisch darüber informieren.
Ganz unbegründet ist deren Sorge ja nicht, denn zur gleichen Zeit wurde am Hirschberg ein Mann vermißt, der nur noch tot gefunden werden konnte und in der Zwischenzeit ist an der Notkarspitze auch eine Frau gestolpert und tödlich abgestürzt.
Zum Abschluß noch ein Bild der stolzen Erbauer dieses Iglus. Links, das ist Max, der mit diesem Iglu sein Gesellenstück gemacht hat. Rechts, das ist Jörg, der nicht mehr weiß, wieviele Iglus er schon gebaut hat.
Für den Winter 99/00 war das ganz klar die letzte Igluaktion. Lassen wir uns überraschen, was uns der nächste Winter bringen wird.

Letzte Änderung: 23.11.04. © Jörg Butterfaß
Powered by PyroActive    Zugriffe seit 10.05.2000.